Keime im Mett

Grüne testen Wurstwaren: 16 Prozent der Proben enthalten antibiotikaresistente Keime

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Von Hanna Gersmann

20. Mai. 2014 –

Appetitlich ist es nicht, es birgt sogar ein Gesundheitsrisiko. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat Wurstwaren testen lassen: Zehn der insgesamt 63 Proben waren mit antibiotikaresistenten Keimen belastet. Die grüne Umwelt- und Verbraucherpolitikerin Bärbel Höhn warnt: „Das ist eine tickende Zeitbombe.“ Die mit dem Mettbrötchen oder der Putenwurst verzehrten Keime setzten sich im Darm fest und vermehrten sich dort. Damit wachse die Gefahr, dass Antibiotika nicht mehr wirken.

Die Tester des Agroblab-Labors in Eching am Ammersee haben Ende April und Anfang Mai in 13 Städten Fleisch- und Wurstprodukte in Supermärkten, Discountern und Fleischereien gekauft und in ihrem Chemielabor analysiert. Darunter Mettbrötchen und Mettwurst. Von den 36 Mettproben waren acht belastet. Das entspricht 22 Prozent. Im Dezember 2012 hatten die Grünen schon einen ähnlichen Metttest gemacht, da waren es 16 Prozent. Erstmals haben sie auch Putenprodukte unter die Lupe nehmen lassen. Der Befund ist auffällig, auch wenn die Stichprobe nicht groß war: In sechs von neun Proben ließen sich Keime nachweisen.

Dabei ist das Problem der Keime in Wurst- und Fleischwaren nicht regional begrenzt: Zwei belastete Proben stammten aus Mainz, zwei aus Potsdam. Jeweils eine kam aus Dortmund, Düsseldorf, Hannover, Hamburg, Kiel und Völklingen/Saarbrücken.

Erst vor wenigen Wochen hat die Weltgesundheitsorganisation WHO davor gewarnt, dass die Zahl antibiotikaresistenter Krankheitserreger zunehme. Dies sei längst nicht mehr nur eine Befürchtung, sondern bereits überall zu beobachten, erklärte die WHO in Genf. Bakterien entwickeln Abwehrmechanismen. Experten schätzen, dass allein in Deutschland jedes Jahr 30.000 Menschen sterben, weil sie nicht mehr richtig auf die Behandlung mit Antibiotika ansprechen. Rund sechs Millionen Deutsche sollen die resistenten Keime bereits im Körper haben.

Die sorglose Gabe von Antibiotika in Arztpraxen gilt als eine Ursache. Die WHO empfiehlt denn auch, dass Antibiotika von Ärzten nur dann verschrieben werden, wenn es wirklich notwendig ist. Patienten sollten die Einnahme nicht frühzeitig abbrechen. Die Bakterien haben dann weniger Chancen, Abwehrmechanismen zu entwickeln.

Antibiotika werden aber auch in der Tiermast eingesetzt. Das verschärft das Problem. „Die Mastställe sind quasi ein riesiges Trainingsgebiet für Keime, um resistent gegen Antibiotika zu werden“, erklären die Grünen. Puten, Rinder, Schweine, in den Mastställen seien mit diesen Keimen infiziert, sie tauchten dann in Fleisch- und Wurstwaren wieder auf.

CSU-Bundesagrarminister Christian Schmidt nehme das Problem „sehr ernst“, erklärt seine Sprecherin. Es seien bereits „vielfältige Maßnahmen“ ergriffen worden. Seit April diesen Jahres müssen Landwirte zum Beispiel bundesweit melden, wenn sie Antibiotika geben. So soll klar werden, welche Betriebe übermäßig viel Antibiotika einsetzen. Die Überwachungsbehörden der Länder können Prüfungen und Maßnahmen anordnen, um den Einsatz zu verringern. Diesem Vorgehen soll man „erst einmal die Chance geben, ihre Wirkung zu entfalten“.

Den Grünen aber reicht das nicht. Bärbel Höhn fordert: „Die Tiere brauchen deutlich mehr Platz und Auslauf im Freien. Auch müssen die Tierherden verkleinert werden. Das muss die Bundesregierung gesetzlich regeln.“ So würden die Krankheitsraten und die Antibiotika-Gabe verringert. Tierärzte dürften zudem nicht beides sein – Tierarzt und Apotheker. Sie verdienten am Verkauf der Antibiotika mit. Höhn: „Das setzt falsche Anreize.“ Das Bundesagrarministerium erklärte, es habe dazu ein Gutachten in Auftrag gegeben.

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